Zombie-Hirsch-Gefahr: Fakten und Fiktionen hinter der Chronic Wasting Disease

Im Internet verbreiten sich derzeit TikTok-Videos, die vor einer unheimlichen Bedrohung warnen: Zombie-Hirsche, die angeblich eine real-life Zombie-Apokalypse auslösen könnten. Die Hintergründe dieser beunruhigenden Warnungen berufen sich auf vermeintliche Expertenaussagen, die vor einer potenziellen Übertragung dieser mysteriösen Krankheit auf den Menschen warnen.

Eine Krankheit befällt momentan das Wildlife in den nördlichen USA und Kanada. Hirsche, Elche und Co. werden von einer sogenannten Chronic Wasting Disease (CWD), auf deutsch Chronische Auszehrungskrankheit, heimgesucht. CWD gehört zu einer Gruppe von Krankheiten, die als übertragbare spongiforme Enzephalopathien (TSEs) bekannt sind und zu denen auch die bekannte Rinderkrankheit BSE oder die Schafkrankheit Scrapie gehören. Die Erreger dieser Erkrankungen gelten als Prionen. Dabei greifen diese das Gehirn, Rückenmark und andere Nervenzellen von Rotwild, Elchen und Rentieren an. Tiere, die von der Krankheit betroffen sind, zeigen auffällige Symptome wie Gewichtsverlust, übermäßigen Durst, Apathie bis hin zur Depression, eine Veränderung des Gangbildes oder eine abnormale Körperhaltung, Zittern und eine erhöhte Aggressivität bei Berührung. Einige der infizierten Tiere neigen außerdem zu exzessivem Sabbern und Zähneknirschen. Solche Erscheinungsbilder verschafften der Krankheit auch den Namen der Zombie-Hirsche, wobei die infizierten Tiere keinesfalls “untot” sind.

Chronic Wasting Disease: Entstehung, Forschung und aktuelle Entwicklungen im Überblick

Aktuell kursieren immer mehr TikTok Videos wieder im Netz, die vor einer möglichen Zombie-Apokalypse warnen, sofern die Chronic Wasting Disease tatsächlich auf den Menschen übertragbar ist. In diesen Videos wird insbesondere auf Wissenschaftler Bezug genommen, die nun Alarm schlagen und darauf hinweisen, dass die Krankheit tatsächlich übertragbar sein könnte.

Die Krankheit selbst ist jedoch keineswegs neu, denn ihre Entdeckung erfolgte bereits in den 1960er und 1970er Jahren in den Bundesstaaten Colorado und Wyoming. Aktuelle Statistiken verdeutlichen, dass sich die Verbreitung der Krankheit mittlerweile auf 32 US-Bundesstaaten und drei kanadische Provinzen ausgedehnt hat. Erstmals wurde sie in Europa im April 2016 nachgewiesen, wobei seitdem mehrere Fälle von infizierten Hirscharten ausschließlich in Skandinavien gemeldet wurden.

Fälle, in denen Menschen sich mit CWD infiziert haben, sind bis heute keine bekannt. Dennoch werden kontinuierlich Studien durchgeführt, um bestehende Risiken zu erforschen und auszuschließen. In bestimmten Experimenten konnte eine Infizierung bei Totenkopfaffen festgestellt werden, indem man ihnen CWD kontaminiertes Fleisch zum Essen gegeben hat. Bei genetisch an den Menschen näheren Makaken erzielte man solche Ergebnisse jedoch nicht. Bei ihnen war selbst nach 13 Jahren keine Übertragung durch intrazerebrale oder orale Infektionen nachweisbar. Labortests zeigen also, dass die Speziesbarriere für den Menschen sehr hoch zu sein scheint, welche die Übertragung von CWD in der Regel sehr unwahrscheinlich macht.

Warum schlagen Experten trotzdem bei der Krankheitsübertragung Alarm?

Laut dem Center for Infectious Disease Research and Policy der University of Minnesota weisen viele Experten darauf hin, dass CWD sehr stark an den damaligen BSE-Ausbruch erinnert, besser bekannt als der Rinderwahn. Damals versicherten einige britische Beamte in den 1990er Jahren der Öffentlichkeit eine geringe Wahrscheinlichkeit einer Übertragung auf den Menschen durch kontaminiertes Rindfleisch. Später stellte sich jedoch heraus, dass doch mehrere Fälle von BSE-Infektionen auftraten. Dies verdeutlicht, wie schnell so eine Situation ausarten könnte. Außerdem spielen Faktoren wie keine vorhandenen Therapiemöglichkeiten für TSE-Erkrankungen oder auch die große Herausforderung der Bekämpfung der Erreger in der Umwelt eine Rolle, warum intensiv vor einer möglichen Krankheitsübertragung gewarnt wird.

Das Friedrich-Löffler-Institut (FLI), Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, bestätigt diese Annahmen und ergänzt: Das pathologische Prion Protein (PrPSc), welches für die Krankheit CWD verantwortlich ist, zeige eine hohe Formbarkeit und könnte einen neuen Erreger für den Menschen hervorbringen, der eine ähnliche Ausscheidungs- und Übertragungsfähigkeit wie bei CWD oder Scrapie hat. Sollte dieser Fall eintreten, würde dies bedeuten, dass alle genetisch empfänglichen Menschen von einem unbehandelbaren und stark umweltresistenten Erreger betroffen wären. Dabei ist auch zu betonen, dass CWD in Skandinavien nicht importiert wurde und somit der eigentliche Ursprung unklar ist, wie auch bei der damaligen BSE Krankheit. Daher ist dringend weitere Forschung notwendig, um gefährliche Prionenstämme, die eine ähnliche Krankheit für den Menschen hervorrufen können, zu verhindern. “Hierfür bedarf es allerdings zunächst der nötigen Awareness für das Gefährdungspotenzial, das von diesen Erkrankungen ausgehen kann”, so das FLI.

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Tana Badic

Tana, mit ihrer Begeisterung für Sprache und Kommunikation, fand ihren Weg zunächst durch ein Studium der Sprachwissenschaften. Dabei entwickelte sie schnell eine besondere Leidenschaft für politische Sprache und Rhetorik, weshalb sie sich auf Politolinguistik spezialisierte. Ihr Interesse führte sie schließlich zu einem Masterstudium in Politischer Kommunikation nach Amsterdam. Tana sammelte bereits journalistische Erfahrungen beim biber Magazin, wo sie ihre Vorliebe für das Schreiben und Recherchieren entdeckte.

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Interview: Friedrich-Loeffler-Institut antwortet zur Chronic Wasting Disease (CWD)

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