TikTok-Gerüchte und Gaunerzinken

Ein Clipserie auf TikTok lässt über eine neue Verbrechermasche mutmaßen. XXXLutz soll einen Zettel an der Wohnungstür eines TikTokers hinterlassen haben, in dem um Kontaktaufnahme gebeten wird. Aber die Echtheit des Zettels wirkt zweifelhaft. TikToker und Publikum rätseln: Scam oder real?

Von Max Hofstätter und Tana Badic

In den Clips, die zwischen dem 12. und 18. Jänner hochgeladen wurden, zeigte Michael Raab, besser bekannt als Mike Vallas, sich besorgt. An seiner Wohnungstür wurde ein Zettel angeklebt, in dem der XXXLutz um Kontaktaufnahme bittet. Wegen Mängeln in Grafikdesign und Rechtschreibung schöpfte der Content-Creator und Musiker Verdacht, er könnte es mit unlauteren Machenschaften zu tun haben. Kommentare warnen, es handle sich womöglich um eine Markierung für Einbrecher. Die Sorgen sind nicht aus der Luft gegriffen. Potenzielle Einbruchsziele zu markieren ist unter Verbrechern eine gängige Praxis. Für Scams an der Haustür gibt es einen eigenen Fachbegriff: Haustürbetrug. 

Die Taktiken der Betrüger: Haustürbetrug im Überblick

Betrüger und Diebe nutzen heutzutage diverse Taktiken, um Opfer zu finden. Der Haustürbetrug, bei dem sich Täter als Handwerker, Amtspersonen bis hin zu Hilfsbedürftigen ausgeben, ist dabei eine verbreitete Vorgehensweise. Betrüger versuchen, Zugang zur Wohnung zu erhalten, indem sie beispielsweise um kleine Gefälligkeiten bitten oder handwerkliche Hilfeleistungen vortäuschen. Die Ziele sind vielfältig: von sofortigem Diebstahl bis zur Auskundschaftung für spätere Einbrüche. Eine weitere Strategie der Haustürbetrüger ist, Bewohner zur Unterschrift von vermeintlichen Verträge und zum Abschluss von Abonnements zu verleiten oder zu Spenden zu drängen. Hierbei bedienen sich Kriminelle auch der Methode, scheinbare Benachrichtigungen im Briefkasten zu hinterlassen oder Nummern zu hinterlegen, die sie später für Telefonbetrug nutzen. Besonders ältere Menschen sind gefährdet, da sie häufiger zu Hause sind.

Geheime Codes: Gaunerzinken und Einbrecher-Markierungen

Geschichtlich geprägt sind die sogenannten Gaunerzinken, die sich hin und wieder an Wohnungstüren, Gartentoren oder Briefkasten auffinden lassen. Diese Markierungen geben Hinweise auf potenzielle Diebstahlgefahren und Möglichkeiten, sei es beispielsweise durch die Anwesenheit von Hunden in der Wohnung oder die Aussicht auf lohnenswerte Beute. Die Gaunerzinken haben einen geschichtlichen Hintergrund. Ursprünglich im Mittelalter von umherziehenden Bettlern und Landstreichern an Haustüren hinterlassen, informierten die Gaunerzinken über die Bereitschaft der Bewohner, Hilfe oder Almosen zu gewähren. Heutzutage sind solche Markierungen zwar seltener anzutreffen, werden aber hin und wieder doch noch von organisierten Banden verwendet. Technologische Entwicklungen haben jedoch dazu geführt, dass die Kommunikation zwischen kriminellen Gruppen zunehmend online stattfindet.

In den vergangenen Jahren ist eine zunehmende Verbreitung von weiteren Einbrecher-Markierungen festzustellen, die darauf abzielen, leerstehende Wohnungen als potenzielle Ziele für Einbrüche zu kennzeichnen. Die Polizei warnte dabei insbesondere vor subtilen Indikatoren wie schmalen Papier- oder Plastikstreifen, zerschnittenen Trinkhalmen, Streichhölzern oder ähnlichen Materialien, die unauffällig zwischen Tür und Türstock platziert werden. Das Ziel dieser Markierungen ist es, für Einbrecher herauszufinden, ob die Wohnungen leer stehen, vor allem während der Urlaubszeiten. Wenn die Markierungen nach einiger Zeit unverändert bleiben, deutet dies darauf hin, dass niemand die Wohnung betreten hat und somit ein scheinbar günstiger Zeitpunkt für einen Einbruch vorliegt.

Sicherheitsmaßnahmen und Achtsamkeit: Tipps zur Einbruchsprävention

In ihrem Bemühen, Einbrüche zu verhindern, teilen Polizeistellen folgende Empfehlungen mit: Sicherheitsvorkehrungen wie einbruchshemmende Außentüren und Fenster sowie Alarmanlagen werden als effektive Schutzmaßnahmen betrachtet. Ein bewusster Umgang mit dem Verschließen von Türen und Fenstern beim Verlassen des Hauses wird betont.

Vor allem aber spielt die Aufmerksamkeit für verdächtiges Verhalten eine entscheidende Rolle. Sollte jemand Häuser beobachten oder fotografieren, ist es ratsam, dies umgehend der Polizei zu melden. Die Zusammenarbeit in der Nachbarschaft wird betont, insbesondere bei längeren Abwesenheiten. In solchen Fällen ist es sinnvoll, Nachbarn zu bitten, regelmäßig nach dem Rechten zu sehen, den Briefkasten zu leeren und Abonnements von Zeitungen zu unterbrechen. Eine generelle Vorsicht gegenüber Unbekannten wird empfohlen. Es wird geraten, nach Ausweisen zu fragen und vorläufig niemanden in die Wohnung zu lassen, bis die Situation sorgfältig geprüft wurde.

Eine mögliche Aufklärung

Mike Vallas tat also richtig daran, Vorsicht walten zu lassen. Indem man bei einer hinterlegten Nummer anruft, könnte man durchaus einer Haustürbetrugsmasche auf den Leim gehen. Was in diesem spezifischen Fall dahintersteckte, hat sich bisher noch nicht eindeutig aufgeklärt. Eine mögliche Erklärung lieferte der TikTok-Kanal xxxlutz_at in den Kommentaren. XXXLutz hätte den Auftrag gehabt, im ganzen Haus in den Küchen die Blenden zur Wand zu schließen. Da einige Mieter weder anwesend noch erreichbar waren, sei vom Bauträger die Vorgehensweise mit den Zetteln an der Wohnungstür gewünscht worden. Da es sich um eine Ausnahmesituation handelte wäre Mike Vallas schließlich am Telefon unbeabsichtigt die Falschauskunft gegeben worden, der Zettel stamme nicht von XXXLutz. Der Kanal ist aber nicht verifiziert und einige Kommentare werfen ihm vor, Fake zu sein.

Inzwischen hat das Pressecenter des XXXLutz die Echtheit des TikTok-Kanals bestätigt. Des Weiteren sei der Vorfall bekannt und das Problem für die Zukunft aus der Welt geschafft. Eine Anfrage beim Bundeskriminalamt bezüglich aktueller Türbetrugsmaschen blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Max Hofstätter

Max hat über einen nichtlinearen Bildungsweg schließlich im Journalismus seine Leidenschaft gefunden. Erste Redaktionserfahrung als freier Mitarbeiter beim niederländischen Online-Magazin SvJMedia gesammelt. Für das Ressort Arts, Culture & Lifestyle Storytelling unter anderem Reportagen in Bulgarien produziert. War Praktikant bei tag eins und ist inzwischen stolzer Praktikant bei Context. Schreibt neben Artikeln derzeit seine Bachelorarbeit im Studiengang Journalismus und Medienmanagement an der FH Wien der WKW.

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